Nachdem im Jahr 2008 der Titel Naruto: Ultimate Ninja Storm das Ende der ursprünglichen Anime-Serie erzählte, aber gleichzeitig auch den Beginn einer erfolgreichen Spielereihe markierte, wurde bereits mit dem zweiten Teil die nachfolgende Serie Naruto Shippuden aufgegriffen. Einige Jahre später fand mit Naruto Shippuden: Ultimate Ninja Storm 4 – Road to Boruto schließlich nicht nur die Titellänge, sondern auch die Serie ihren Gipfel. Das war bereits im Jahr 2017. Nun hat sich Publisher Bandai Namco Entertainment ein Herz gefasst und auch die Nintendo Switch mit diesem letzten Teil der Reihe versorgt.
In der Ultimate Ninja Storm-Reihe steht ihr euch in dreidimensionalen Arenen gegenüber. © Bandai Namco Entertainment
Naruto gehört zu den bekanntesten Shounen-Werken, die die Manga- und Anime-Welt zu bieten hat und war für viele Fans weit über ein Jahrzehnt hinweg ein stetiger Begleiter. Ich persönlich verbinde mit der Reihe das Wiederentdecken des Mediums Anime. Nach den TV-Klassikern der 90er- und Anfang der 2000er-Jahre ist Naruto eine der ersten Serien, die ich im Internet verfolgt und bei der ich Woche für Woche auf die neueste Folge direkt aus Japan hingefiebert habe. Heute kann ich die komplette Manga-Reihe mein Eigen nennen und habe die Serie mehr als einmal komplett durchgelesen und -geschaut. Dementsprechend verankert bin ich in der Welt des kleinen frechen Ninjas mit blonden Haaren. Der Einstieg in den vierten Ableger der Ultimate Ninja Storm-Reihe fiel mir entsprechend leicht, gleichzeitig habe ich mich aber auch immer gefragt, ob dieser auch für Neulinge möglich wäre.
Eines kann ich deshalb vorab festhalten: Interessierte Spieler, die mit der Welt von Naruto bislang noch nichts zu tun hatten, werden mit diesem Titel nicht glücklich. Nichtsdestotrotz möchte ich diesem Part der Leserschaft wärmstens empfehlen, sich entweder die über 700 Folgen der Anime-Serie, die genau 700 Kapitel der Manga-Reihe oder sich die ebenfalls für die Nintendo Switch veröffentlichte Naruto Shippuden: Ultimate Ninja Storm Trilogy zu schnappen (zu der wir ebenfalls einen schönen Test veröffentlicht haben), um in die fantastische Ninja-Welt einzutauchen und die Geschichte von Naruto nachzuerleben.
Der Storymodus des vierten Ablegers setzt letztlich am Höhepunkt des Vierten Ninjakrieges ein und bringt die umfassende Handlung zu einem Ende. Die in Kapiteln erzählte Handlung besteht dabei aus teilweise einige Minuten langen Zwischensequenzen, die sich mit immer rasanten Kämpfen abwechseln. Die Sequenzen bestehen dabei entweder aus einzelnen Bildern, die der Anime-Serie entnommen und mit einigen visuellen Effekten wie Kamerawackeln und aufsteigendem Rauch versehen wurden, oder aus vollanimierten Szenen in der spieleigenen Engine. In jedem Fall dürft ihr aber eine mit dem originalen Serien-Cast besetzte Vertonung genießen, die jedoch nur in englischer und japanischer Sprache zur Verfügung steht. Anime-Fans werden sich mit den japanischen Stimmen und den einwandfreien deutschen Untertiteln aber gewiss schnell heimisch fühlen. Ich wiederhole mich, aber da die Sequenzen nicht selten aufgrund ihrer Länge wirklich dazu einladen, den Controller zur Seite zu legen und die Show zu genießen, hat Entwickler CyberConnect2 bei der Kapitelauswahl eine Zeitangabe hinzugefügt, die in Minuten angibt, wie viel Zeit das jeweilige Kapitel verschlingt. Gleichzeitig könnt ihr an derselben Stelle erfahren, wie viele Kämpfe euch erwarten werden.
Der Storymodus erzählt das Ende von Naruto Shippuden und konnte mich an den Bildschirm fesseln. © Bandai Namco Entertainment
Ein Kapitel kann dabei keine bis drei Kämpfe umfassen. Diese werden nicht in einer 2D-Umgebung, sondern einer dreidimensionalen Arena ausgetragen. Die Kamera ist dabei nicht starr auf euren Charakter fixiert, sodass ihr diesen im Verlaufe eines Kampfes von so gut wie allen Seiten zu Gesicht bekommen könnt. Das Ziel einer Begegnung ist es, den Lebensbalken des Gegners genretypisch auszuradieren. Dafür stehen euch einige Mittel zur Verfügung. Durch das wiederholte Hämmern auf die A-Taste führt euer Charakter eine klassische Angriffskombination aus, mit dem Y-Button werft ihr Waffen wie Kunai oder Shuriken und mit dem B-Knopf könnt ihr entweder springen oder bei doppeltem Drücken direkt auf den Kontrahenten zusprinten. Darüber hinaus ladet ihr bei gedrückter X-Taste euer Chakra auf. Dies solltet ihr stets im Auge behalten, da es für das Anrichten von größtmöglichem Schaden vonnöten ist. Kombiniert ihr nämlich X und A, führt euer Charakter ein mächtiges Ninjutsu aus, dessen Wirkung nicht selten mit kurzen Zwischensequenzen untermalt wird. Nicht zu vernachlässigen sind des Weiteren die Schultertasten. Während zum Blocken eines Angriffs ZR genutzt wird, wird für die sogenannte Kunst des Tauschens, mit der ihr augenblicklich aus der Angriffskombination des Gegners entschwinden könnt, die ZL-Taste herangezogen. Diese Kunst könnt ihr jedoch nur viermal kurz hintereinander einsetzen, ehe sie sich durch erfolgreiche Angriffe von eurer Seite wiederaufladen muss, weshalb ihr auch hier stets wachsam sein müsst.
Darüber hinaus stehen euch während eines Kampfes noch einige weitere Tastenkombinationen, diverse Modi (wie der sogenannte Erwachenmodus) und auch der Einsatz von Items zur Verfügung, was eine ausgeklügelte Spieltiefe verspricht. Das Schöne an der Ultimate Ninja Storm-Reihe ist allerdings, dass sich versierte Spieler zwar durchaus mit der Materie auseinandersetzen können, um die perfekte Kampfstrategie zu entwickeln und auf jede Aktion des Gegners erfolgversprechend zu reagieren, andere Spieler aber bereits durch das einfache Kombinieren von kontinuierlichem Angriff mittels A-Taste und Ausweichen ebenfalls triumphal aus einem Kampf hervorgehen können. Die Spieleserie verspricht also trotz ihrer Komplexität grundsätzlich eine nicht zu unterschätzende Einsteigerfreundlichkeit. Gerade diese wird auch dann deutlich, solltet ihr mal einen Kampf verlieren. In den meisten Spielen erhaltet ihr in diesem Fall die Möglichkeit, die Auseinandersetzung noch einmal von vorn zu beginnen. So aber nicht in Naruto Shippuden: Ultimate Ninja Storm 4 – Road to Boruto. Hier werdet ihr im Storymodus nur vor die Wahl gestellt, ob ihr mit voller Gesundheit wieder genau an dem Punkt einsteigen möchtet, an dem ihr verloren habt, und dabei entweder einen Bonus auf euren Angriff oder eure Verteidigung erhalten wollt. Diesen Umstand empfand ich als fast schon kränkend, denn wenn ein Kampf nur sehr knapp verloren ging, will man sich als Spieler sicherlich selbst beweisen, dass man es auch ohne unterstützenden Bonus schaffen könnte. But the show must go on, wie der Franzose sagt. Dennoch hätte ich mir an dieser Stelle die Option eines einfachen Neustarts des Kampfes gewünscht.
Kämpfe, bei denen ihr auch gerne mal eine vierstellige Anzahl an Gegnern auslöscht, sind eine willkommene Abwechslung. © Bandai Namco Entertainment
Speziell im Storymodus weicht das Kampfgeschehen aber auch immer mal wieder vom Standard ab. Das beginnt bereits mit kleinen Änderungen, wie dass ihr manches Mal auf die Unterstützung von Hilfscharakteren setzen könnt, die durch den Einsatz der vorderen Schultertasten kurz auftauchen, um automatisiert ein Ninjutsu abzufeuern. In seltenen Fällen könnt ihr auch gänzlich die Kontrolle über einen der Hilfscharaktere übernehmen, der dann an die Stelle des bis dahin gespielten Ninjas tritt – die Charaktere teilen sich allerdings dieselbe Lebensleiste, weshalb ich den Austausch hier eher als ein mäßiges strategisches Mittel sehe. Ein Kampf kann aber auch ganz andere Ausmaße annehmen: So kommt es vor, dass ihr die Kontrolle über ein großes Ungetüm übernehmt und euch in bester Dynasty Warriors-Manier durch Horden an Gegnern schnetzelt. Dabei erhaltet ihr für das Erledigen einer bestimmten Anzahl an Feinden sogar diverse Boni. Generell ist jeder Kampf mit einigen Bonus-Herausforderungen verbunden, beispielsweise das Überleben mit mehr als 50 % der eigenen Gesundheit oder der erfolgreiche Einsatz des Ninjutsus eines Hilfscharakters. Die dabei ausgeschriebenen Boni bringen euch für den Storymodus allerdings leider nichts, vielmehr könnt ihr sie im sogenannten Bandai-Warenhaus zu Geld machen, um euch damit einige der im Spiel erhältlichen Sammelobjekte zu kaufen. Und davon gibt es viele – absurd viele.
Ein weiteres Element, das gerade im Storymodus nicht zu kurz kommt, sind die vielen Quick-Time-Events. Diese stellen im Grunde manchmal während, in den meisten Fällen aber am Ende eines Kampfes eine weitere Zwischensequenz dar, die das rechtzeitige Drücken eines nur kurz eingeblendeten Knopfes auf dem Controller erfordern, damit die Szene gelingt. Dieser Gameplay-Kniff mag im Videospielekosmos zwar umstritten sein, mir persönlich gefallen diese Szenen aber durchaus. Die dem Spieler eingeräumte Zeit zum Drücken der eingeblendeten Eingabe ist auch recht sportlich kalkuliert, sodass die Schwierigkeit hier nicht zu unterschätzen und ein gutes Reaktionsvermögen erforderlich ist. Die Quick-Time-Events sind allerdings nicht entscheidend für den Ausgang eines Kampfes. Vielmehr werdet ihr beim Erreichen eines bestimmten, durch Sterne dargestellten Wertes mit einer kurzen Bonus-Sequenz belohnt.
Der Abenteuermodus lässt euch durch das mit Leben gefüllte Dorf Konohagakure streifen. © Bandai Namco Entertainment
Sofern ihr den Storymodus abschließen und damit das Ende von Naruto Shippuden nachempfinden konntet, werdet ihr bereits an die zehn Stunden mit dem Spiel verbracht haben. Diese Zeit ist jedoch vielmehr als Prolog für den danach folgenden Abenteuermodus zu sehen. Hier dürft ihr in die Welt von Naruto nach dem Krieg einsteigen und drei weitere Geschichten erleben. Im Gegensatz zum Storymodus springt ihr hier aber nicht nur von Kapitel zu Kampf zu Kapitel zu Kampf, sondern steuert unter anderem Naruto auf dem Weg zu seinen Aufgaben durch sein Heimatdorf Konohagakure. Dort könnt ihr relativ frei die Gegend erkunden, euch in Läden mit Items und Fressalien versorgen, mit Leuten sprechen und einige Nebenaufgaben erledigen. Fans der Reihe werden sich hier absolut wohl fühlen, gerade weil die Welt detailreich gestaltet wurde und sehr lebhaft wirkt. Und wer dann immer noch nicht genug von den Handlungen bekommen konnte, wird mit der ursprünglich als DLC veröffentlichten, aber in der Nintendo Switch-Version fest enthaltenen Geschichte von Boruto weiter verwöhnt. Diese etwas kürzere, aber immer noch einige Stunden umfassende Kombination aus Story- und Abenteuermodus führt in eine neue Generation ein und handelt vom namensgebenden Sohn von Naruto.
Abgesehen von den Geschichten und Abenteuern steht euch im sogenannten „Freien Kampf“ natürlich auch die Möglichkeit zur Verfügung, euch gegenseitig lokal an einer Konsole zu zweit oder CPU-Gegnern auf die Mütze zu geben. Dabei steht euch bei der Charakterauswahl der komplette Roster mit weit über 100 Kämpfern zur Auswahl – wobei hier nicht unterschätzt werden darf, dass die hohe Anzahl auch dadurch zustande kommt, dass ein und derselbe Charakter in mehreren Varianten vorkommt. Sollte gerade kein Freund in greifbarer Nähe sein, gegen den es sich zu kämpfen lohnt, könnt ihr letztlich auch auf den Onlinekampf setzen. Auch bei diesem Modus wird mit Inhalt nicht gegeizt. Neben dem klassischen schnellen Kampf, der ohne weitere Umschweife direkt einen Gegner sucht, gibt es auch die Möglichkeit, Ranglistenkämpfe zu bestreiten, bei welchen ihr im siegreichen Fall mit Punkten belohnt werdet, die euch in der Rangliste um einige Plätze nach oben klettern lassen. Verliert ihr eine Auseinandersetzung, werden euch aber auch wieder Punkte abgezogen. Nach mehreren erfolgreich bestrittenen Kämpfen erhaltet ihr zudem die Möglichkeit, im Rang aufzusteigen. Bei der Suche nach einem passenden Kampf steht es euch darüber hinaus offen, im Vorfeld diverse Kriterien festzulegen – beispielsweise, ob es sich um einen Einzelkampf oder einen Kampf mit Hilfscharakteren handeln soll.
Die zeitlich beschränkten Ereignisse laden dazu ein, immer mal wieder in die Welt von Naruto zurückzukehren. © Bandai Namco Entertainment
Was jedoch auf dem Papier erst einmal gut klingt, hört bei der Latenz leider auch schon wieder auf. Bei so einem rasanten Kampfspiel wie dem vorliegenden Titel können schon die kleinsten Verzögerungen in der Eingabe und der Umsetzung auf dem Bildschirm negativ auffallen. Ich habe leider nicht die Möglichkeit zu prüfen, ob der Onlinemodus auf den anderen Konsolenversionen oder dem PC gelungener umgesetzt wurde, weshalb ich an dieser Stelle nicht das Nintendo Switch Online-Netzwerk als Schuldigen heranziehen kann. Nichtsdestotrotz haben ausnahmslos alle Online-Kämpfe im Testzeitraum eine unangenehm hohe Latenz aufgewiesen, was diesen Modus durchaus ein Stück weit weniger attraktiv macht. Da helfen auch ein ebenfalls vorhandener Turniermodus sowie ein Bingo, bei welchem ihr täglich wechselnd Belohnungen erhaltet, wenn ihr online gegen einen bestimmten Charakter kämpft, nur wenig weiter. Ganz schön ist dann allerdings wieder die wöchentlich wechselnde Herausforderung, bei welcher ihr unter einer bestimmten Thematik – beispielsweise junge gegen ältere Generation – auf unterschiedlichen Schwierigkeitsstufen mehrere Gefechte hintereinander bestreiten müsst, um euch weitere Belohnungen zu sichern. Hier spielt ihr allerdings wieder gegen CPU-Kämpfer, sodass die Latenzproblematik gar nicht erst zum Tragen kommt.
Die technische Umsetzung wirkt auf den ersten Blick solide, kommt aber leider nicht ganz ohne Mängel aus. Ob dies am großen Inhalt beziehungsweise an einer unsauberen Umsetzung liegt oder ob hier schlicht die Nintendo Switch an ihre Grenzen stößt, vermag ich als Laie nicht zu beurteilen. Jedenfalls sinkt die Bildrate im Abenteuermodus innerhalb des Dorfes allerdings phasenweise so stark, dass es zu merklichen Rucklern kommt, die wenige Sekunden anhalten. Darüber hinaus ist mir das Spiel im Testzeitraum mehrfach abgestürzt – sowohl im Story- als auch Online-Modus, was immer ärgerlich ist, denn entweder müsst ihr so minutenlange Zwischensequenzen, die ihr schon kennt, erneut über euch ergehen lassen oder ihr werdet im Onlinemodus für etwas bestraft, für das ihr nichts könnt. Denn Verbindungsabbrüche werden dort gezählt und können bei häufigem Auftreten zu Konsequenzen führen – unabhängig davon, ob diese nun beabsichtigt oder unbeabsichtigt herbeigeführt wurden. Ansonsten ist die verwendete Engine zwar sichtlich in die Jahre gekommen, sodass euch hier und da Kantenflimmern und matschige Texturen entgegenspringen, trotzdem empfinde ich den Anime-Stil als überaus gut getroffen, was nicht zuletzt durch die Serien-typisch sehr schöne musikalische Untermalung hervorgehoben wird.